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Großenhain: "Es wird frostiger in der Koalition"

Von Thomas Riemer I Hier geht es zum Artikel auf Sächsische.de

Beim Bockbierfest des CDU-Stadtverbandes redet der Fraktionschef im Landtag viel Klartext. Großenhainer Themen kommen indes etwas kurz weg.

Großenhain. Landtagsabgeordnete müssen reden können - und zuweilen auch austeilen. Beides beherrscht Christian Hartmann gut. Der Fraktionschef der CDU im Sächsischen Landtag ist zum Bockbierfest des Stadtverbandes der Partei in die "Mücke" gekommen. Fraktionsarbeit, Doppelhaushalt, Landespolitik - das sind die Themen. Und natürlich die Wahl im kommenden Jahr.

Gekommen ist ein harter Kern der Großenhainer Christdemokraten. "Eine überschaubare Runde", wie es der Stadtverbandschef Johannes F. Fiolka formuliert. Ein reichliches Dutzend Zuhörer sitzen am Tisch, eine Frau ist darunter. Gespannt, was Christian Hartmann zu sagen hat. Der lässt die ablaufende Wahlperiode Revue passieren. Es sei eine bewegte Zeit gewesen. 2019 musste zunächst die Arbeitsfähigkeit der Fraktion hergestellt werden. Erstmals gab es eine Koalition der CDU mit zwei Partnern. "Da wurden plötzlich ganz seltsame Menschen Minister", sagt Hartmann ohne Wimpernzucken. Dann kam Corona, später der Ukraine-Krieg inklusive Energiedebatte. "Ich merke nicht, dass in Deutschland alles für eine zuverlässige Energieversorgung getan wird", fasst der Fraktionschef seine Eindrücke zum Beispiel nach der Abschaltung der Atomkraftwerke zusammen.

"Die CDU ist für 30 bis 35 Prozent der Stimmen gut"

Der "Giftpfeil" zielt auf die Grünen und die SPD - also jene Partien, mit denen die CDU eine Regierungskoalition im Landtag bildet. Und weil im Freistaat längst der Wahlkampf begonnen hat, ist der Ton rauh. "Es wird frostiger in der Koalition", beschreibt Christian Hartmann die Atmosphäre. Deshalb werde seine Fraktion bis zur Landtagswahl den Koalitionsvertrag abarbeiten, jedoch keine zusätzlichen von Grünen oder Sozialdemokraten eingebrachten Themen mehr zulassen. Er spricht von der "verrückten Ministerin für Justiz" (Grüne) oder von Martin Dulig (SPD) als "Gewerkschafter im Mantel eines Wirtschaftsministers".

Für die Wahl 2024 hat der Christdemokrat eine Prognose, einen Wunsch und zwei klare aussagen: "Die CDU ist für 30 bis 35 Prozent der Stimmen gut", rechnet er vor. Ziel sei, eine Regierung mit höchstens einem Koalitionspartner zu bilden. Ausgeschlossen seien die AfD und die Linke.

Debatte um die Pulverfabrik

Doch beim Thema Wahlen und vor allem Direktkandidat für den Wahlkreis, zu dem Großenhain gehört, scheiden sich die Geister. Sebastian Fischer, der zuletzt den Wahlkreis an die AfD verlor und im letzten Jahr in den Landtag nachrückte, sei "ein guter Kerl", so Unternehmer Timmy Held. Doch 2024 werde eine Protestwahl. Und da brauche die CDU "einen anderen Kandidaten, der das Potenzial für ein Direktmandat mitbringt". Diese Vorstellung teilen mehrere Zuhörer. Doch als es um konkrete Namen geht, wird es still. Christian Hartmann gibt sich diplomatisch. "Diese Frage muss hier vor Ort geklärt werden", sagt er. Die Christdemokraten vor Ort sollten damit aber nicht zu lange warten.

Letztlich geht es dann doch noch um ein Thema, das Großenhain aktuell bewegt - die Debatte um eine Pulverfabrik auf dem Flugplatz. "Wir haben uns dazu bewusst nicht geäußert und werden das auch nicht tun", beschreibt Johannes F. Fiolka den Standpunkt der Großenhainer CDU. Der Fraktionschef im Landtag antwortet nicht direkt. Doch er macht klar: Bisherige Wertschöpfungsbereiche - wie Automobil oder chemische Industrie - seien nicht mehr wettbewerbsfähig. Der Fokus aber liege darauf zu schauen, "womit man derzeit Geld verdienen kann".